THG-Bilanzierung
Das Ziel ist Klimaneutralität. Vereinfacht gesagt: Es werden nicht mehr Treibhausgase (THG) ausgestoßen, als durch die Senken vor Ort wieder "eingefangen" werden können. Dafür muss man wissen, wie viele Emmissionen eigentlich erzeugt werden – und wo.
Das ist der Job einer THG-Bilanz. Sie gibt an, wie viele Tonnen Treibhausgase in einer Kommune jährlich erzeugt werden, zum Beispiel durch Autos, Industrieanlagen oder Gasheizungen. Außerdem berechnet sie, wie viel Tonnen THG durch Wald- und Grünflächen sowie anderen THG-Senken der Luft entzogen werden.
Mit einer umfassenden und zielgerichteten THG-Bilanzierung ermitteln wir die wichtigsten Emittenten und damit Akteure für Klimaschutz-Aktivitäten vor Ort. Durch eine regelmäßige Erhebung der THG-Bilanz kann bei Defiziten gezielt nachjustiert werden, z.B. wenn der Wärmenetz-Ausbau stockt - aber auch die Erfolge der Maßnahmen gemessen werden, z.B. den Nutzen einer neuen PV-Großanlage.
Beratung zu lokaler THG-Bilanzierung & Anwendung der Einflussbilanz
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Standards und Methoden der THG-Bilanzierung
Zu Beginn auf dem Weg Richtung Klimaneutralität muss eine Kommune, ein Landkreis oder ein Bundesland entscheiden, welche THG-Bilanzierungsmethodik genutzt werden soll. Das ist eine wichtige Entscheidung, da die Methoden teilweise nicht alle Emissionen betrachten und unterschiedliche Ziele anstreben. Für alle THG-Bilanzen unerlässlich ist jedoch eine gute Datenbasis sowie der Wille zur neutralen und zielführenden Bilanzierung.
Einflussbilanz (ausklappen)
Die Einflussbilanz ist eine neue THG-Bilanzierungmethode, entwickelt und als Paper veröffentlicht von LocalZero. Ihr Grundprinzip ist es, THG-Emissionen bei den Akteuren zu bilanzieren, die auf die Erzeugung Einfluss nehmen können. Damit wird schnell sichtbar, wer handeln kann – und ob diese Akteure ihren Handlungsspielraum nutzen.
Die Einflussbilanz wurde mit der Zielsetzung der Klimaneutralität nebst Ausbau der erneuerbaren Energien entwickelt.
Dafür werden alle Treibhausgasemissionen erfasst und akteursscharf in 10 Sektoren ausgewiesen. Sie betrachtet den Energieverbrauch und Prozesse gemäß einer Quellenbilanz und die regionale Energiebereitstellung gemäß einer Verursacherbilanz. Damit können lokale Maßnahmen direkt akteurszentriert basierend auf den bestehenden Emissionen entwickelt werden.
So entstehen aus der THG-Bilanzierung heraus Anreize zur THG-Einsparung und zum Ausbau erneuerbarer Energien und somit ein unmittelbarer Wirkzusammenhang zwischen erfolgreichen Maßnahmen und sichtbarer Emissionsreduktion der Akteure.
Mehr Infos zum Aufbau und Wirkweise der Einflussbilanz sowie einen Vergleich mit allen deutschen THG-Bilanzierungsmethoden finden sich im GAIA Research Article zur Einflussbilanz von 2023 (als PDF am Seitenende).
BISKO (ausklappen)
In Deutschland ist BISKO (Bilanzierungssystematik Kommunal) sehr verbreitet. Es gibt Software-Tools, Fördermöglichkeiten und erfahrene Berater:innen, aber auch Kritik an der Systematik, z.B. weil nicht alle relevanten Emissionen erfasst werden.
BISKO berücksichtigt nur den Endenergieverbrauch und die damit verbundenen THG-Emissionen. Somit zielt BISKO lediglich auf Energieeinsparungen der Endnutzer:innen in 4 Sektoren ab, die Energieunternehmen sind nicht repräsentiert. Der Energieverbrauch betrachtet zudem selten die lokalen Gegebenheiten regenerativer bzw. fossiler Energiegewinnung, sodass kein Anreiz für den Ausbau der erneuerbaren Energien aus der Bilanz heraus besteht. Gleichzeitig werden prozessbedingte Emissionen u.a. aus Landwirtschaft und Industrie gar nicht betrachtet.
Obwohl THG-Bilanzen gemäß BISKO seit Jahren vom Bund finanziell gefördert werden, gibt es Forderungen nach einer Überarbeitung der Methodik von Klimaschutzmanager:innen und dem Umweltbundesamt.
Mehr Infos finden sich vergleichend im GAIA Research Article zur Einflussbilanz und im BISKO-Methodikpapier des ifeu von 2019.
GPC Scope 2 (ausklappen)
Das "Global Protocol for Community-Scale Greenhouse Gas Emission Inventories" (GPC) erfasst mehr Emissionsquellen als BISKO und wird weltweit von Städten eingesetzt, ist in Deutschland aber eher unüblich.
Ähnlich wie das GHG Protocol für Unternehmen ist GPC ein internationaler Standard für die THG-Bilanzierung von Kommunen. Scope 2 kombiniert eine Quellenbilanz und eine Verursacherbilanz, ähnlich wie die Einflussbilanz, und ist mit der Erfassung fast aller Emissionsquellen und -senken in 5 Sektoren gut für das Ziel der Klimaneutralität geeignet.
Auch für GPC stehen Tools und Expert:innen zur Verfügung, allerdings deutlich weniger im deutschsprachigen Raum, wo BISKO als Adaption von GPC entwickelt wurde.
Mehr Infos finden sich vergleichend im GAIA Research Article zur Einflussbilanz und auf der Website des GPC von 2021.
Die Einflussbilanz von LocalZero
Das Ziel von LocalZero ist es, Deutschland Ort für Ort klimaneutral zu machen. Ein Schritt in diese Richtung war die Entwicklung der Online-Software Klimavision als Entwurf zur lokalen Klimaneutralität für jeden Ort. Im Rahmen dieses Projektes wurde festgestellt, dass die existierenden THG-Bilanzierungsmethoden nicht zielführend sind, um ausgehend von einer Energie- und THG-Bilanz quantitative Reduktionsmaßnahmen und ein klimaneutrales Zielszenario zu entwickeln. Daher wurde 2021 die Einflussbilanz als neue THG-Bilanzierungsmethode ersonnen und mit der Klimavision 2022 veröffentlicht.
Wissenschaftliche Einordnung der Einflussbilanz
Um die Relevanz und den Innovationscharakter der Einflussbilanz wissenschaftlich in einem peer-review Verfahren überprüfen zu lassen, wurde 2023 der GAIA Research Article zur Einflussbilanz mit dem Titel "Die Einflussbilanz: eine Methode für die Treibhausgasbilanzierung subnationaler Gebietseinheiten" von Hauke Schmülling & Anja Höhne für LocalZero bzw. GermanZero geschrieben und veröffentlicht.
Erklärtes Ziel von LocalZero ist es, die subnationale (also für Kommunen, Landkreise, Bundesländer) THG-Bilanzierung in Deutschland voranzubringen (z.B. Reformierung von BISKO) und zu vereinheitlichen. Die Einflussbilanz ist ein konkreter Vorschlag für eine konsistente THG-Bilanzierung mit der Zielsetzung der THG-Neutralität nebst Ausbau der erneuerbaren Energien. Als open source Projekt ist jede Kommune, Planungsbüro oder Bilanzierungssoftware herzlich eingeladen, die Einflussbilanz einzusetzen und Beratung zu erhalten.
Die Einflussbilanz wurde erstmalig 2023 in Öhringen angewandt und die THG-Bilanz wird 2024 im Klimaschutzkonzept veröffentlicht.
Paper und Anhang
Paper und Anhang
Paper "Die Einflussbilanz: eine Methode für die Treibhausgasbilanzierung subnationaler Gebietseinheiten" [PDF]
Anhang: Anleitung zur Erstellung einer Einflussbilanz vor Ort & Bilanzierungsbeispiel der Einflussbilanz [PDF]
"Uns war es wichtig, dass wir unsere neu entwickelte THG-Bilanzierungsmethode transparent und nachvollziehbar nach wissenschaftlichen Ansprüchen von kritischen Fachexpert:innen bestätigen lassen."
Dr. Anja Höhne (Autorin)
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"Die Einflussbilanz wurde aus der Not heraus geboren, da es bisher keine THG-Bilanzierungsmethode gab, die geeignet war, Klimaneutralität anzustreben. Mit dem Paper möchten wir nun mit der Fachwelt und Politik ins Gespräch kommen, um BISKO zu reformieren."
Hauke Schmülling (Autor)
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Hier findest du das Interview mit Anja und Hauke auf unserem Blog. Erfahre mehr zur Entwicklung ihrer THG- Bilanzierungsmethode und ihrer Arbeit bei LocalZero.
Zusammenfassung vom GAIA Research Article (Abstract):
In Deutschland werden Treibhausgas (THG)-Emissionen je nach Verwaltungsebene unterschiedlich bilanziert. Die gängigen THG-Bilanzierungsmethoden berücksichtigen teilweise nicht alle THG-Emissionen, zielen methodisch auf unterschiedliche Ziele ab und führen damit zu untereinander kaum vergleichbaren Ergebnissen. Insbesondere fehlt eine THG-Bilanzierungsmethode, welche alle THG‑Emissionen einer variablen subnationalen Gebietseinheit abbilden kann und letztlich bis zur nationalen Ebene überführbar ist. Ziel dieser Veröffentlichung ist die Entwicklung einer neuen Systematik, welche als zugrundeliegende Ziele die THG-Neutralität nebst Ausbau der Erneuerbaren Energien verfolgt. Die THG-Bilanz soll alle THG-Emissionen einer variablen subnationalen Gebietseinheit erfassen und die reduzierten THG-Emissionen in Folge von entsprechenden Maßnahmen stets denjenigen Akteuren anrechnen, die die Maßnahmen umsetzen. Dieser direkte Einfluss schafft eine klare Anreizwirkung und eine hohe Selbstwirksamkeit für alle Akteure, weswegen die neue THG-Bilanzierungsmethode „Einflussbilanz“ genannt wird.
Die Einflussbilanz kombiniert im Gegensatz zu den meisten gängigen THG‑Bilanzierungsmethoden die zwei bestehenden Konzepte der Quellenbilanz und der Verursacherbilanz. Im Einzelnen werden in der Einflussbilanz die THG-Emissionen der Endenergieproduktion gemäß einer Verursacherbilanz und die THG-Emissionen aus dem Endenergieverbrauch sowie der Güterproduktion gemäß einer Quellenbilanz ermittelt. Die Einflussbilanz wird qualitativ im Vergleich zu den gängigen Bilanzierungsmethoden eingeordnet.